Normalerweise bin ich kein Fan von großen Jahresrückblicken – passiert ist passiert, und neu anfangen mit guten Vorsätzen kann man an jedem einzelnen Tag – aber dieses Jahr habe ich doch das Bedürfnis, kurz innezuhalten und zurückzuschauen. Es war so viel los.
Im Februar kam der neue Job, in einer völlig unerwarteten Sparte, unter der ich mir vorher nichts vorstellen konnte. Habt ihr schon mal überlegt, wer eigentlich diese ganzen lustigen Musterbücher mit Stoffproben herstellt, die in Möbelhäusern auf den Sofas liegen? Seit Februar bin ich eine von denen. Wir schimpfen uns „Mustermechaniker“, und niemand, der es nicht erlebt hat, kann sich vorstellen, wieviel Handarbeit dahinter steckt. Für mich ist es genau die richtige Arbeit, weil jeder Produktionsschritt genau definierte, wiederkehrende Routinen hat, die Arbeit aber trotzdem abwechslungsreich ist, weil ich ja nicht immer genau dasselbe machen. Wobei es mir auch nichts ausmacht, wochenlang jeden Tag nur zu ketteln, im Gegenteil.
Dann war da das „Wikingern“. Eine Haushaltsauflösung ein paar Dörfer weiter, im Haus einer Frau, die rund fünfzig Jahre lang in einer Stofffabrik gearbeitet und immer mit Mitarbeiterrabatt eingekauft hatte. Das Haus war gestopft voll mit Stoffen – Decken, Gardinenstoffe, Bettwäsche, Bettwäschestoffe, Baumwollstoffe, Wollstoffe, und anhand der Muster ließ sich gut erkennen, aus welchem Jahrzehnt sie stammten. Der Sohn, der das Haus ausräumen mußte, war dankbar für jedes Stück, was wir mitgenommen haben (und er entsprechend nicht mehr entsorgen mußte), und hat uns einen mehr als fairen Preis gemacht. Insgesamt vier Mal waren wir dort und haben mitgenommen, was wir irgendwie als nützlich und verwertbar erkennen konnten – ganze Stoffballen waren ebenso dabei wie Reststücke von einem bis zwei Metern Länge. Können wir das je alles verarbeiten? Nein, wahrscheinlich nicht. Aber erfreulicherweise gibt es ja in unserem Freundeskreis noch viel mehr potentielle „Wikinger“, die unsere Last sicher gerne mit uns tragen werden. Ach ja, wieso „wikingern?“ Weil wir uns vorkamen wie die ollen Nordmänner – hinfahren, umschauen, plündern.
Es war auch ein Jahr voller wunderschöner Sonnenaufgänge, früher-Morgen-Spaziergänge mit dem Schlappohrcollie, voller friedlicher Sommerabende (ebenfalls mit Spaziergängen mit dem Schlappohrcollie), voller abendlicher Gespräche auf unserem Lieblingsbänkchen. Ein gutes Leben. Auch für den Schlappohrcollie, denn er fand in Leni seine große Liebe. Die beiden waren von Tag 1 an nicht einfach nur ein Herz und eine Seele, sondern auch partners in crime. Ich denke mit Schrecken an den Tag zurück, an dem die beiden zusammen am Horizont verschwanden und Sabine (Lenis Mami) und ich sie über eine Stunde suchten. Unnötig zu erwähnen, daß die beiden die ganze Aufregung nicht so wirklich verstanden, sie waren doch nur Gassi? Später haben wir rekonstruiert, daß sie beim Spielen in ein Roggenfeld geraten sein müssen, sich da drin wohl verlaufen haben und eine große Runde außen rum ums Dorf laufen mußten, um nach Hause zu kommen. Entweder das, oder sie waren einfach arschig, und das kann ja nicht sein bei zwei so süßen Engelchen, oder?
Im Juli haben Steve und ich zum ersten Mal richtig Urlaub gemacht. Eine ganze Woche lang waren wir auf Rügen. Es hat so richtig gut getan, mal nichts zu müssen und unbelastet zu sein. Wir haben uns fest vorgenommen, zukünftig jedes Jahr wenigstens eine Woche lang wegzufahren. Steve hat allerdings schon angemeldet, daß das nächste Meer bitte etwas wärmer als 14° sein sollte.
Fotografiert habe ich auch wieder mehr in diesem Jahr (allein auf Rügen waren es etwas über 400 Fotos). Gepostet habe ich aber nur wenige Fotos, und ich weiß selber nicht so recht, warum. Vielleicht, weil ich den größten Teil des Jahres mit meinem Blog gehadert habe. Ich wußte, ich wollte weiterbloggen, und ich wußte auch, ich wollte zurück zu der „alten“ Art des Bloggens, also einfach Post unter Post ohne groß zu überlegen, in welche Kategorie das jetzt soll, oder paßt das überhaupt hier ins Blog, gehört das nicht vielleicht auf die Fotoseite oder doch zur Kurvenfliegen? Drei Seiten wollte ich auch nicht länger betreuen, also habe ich am Ende einfach alle drei Seiten in einem Blog vereinigt. Ob ich das so beibehalte auf Dauer, weiß ich nicht, aber im Moment ist es okay so.
Für nächstes Jahr ist mein Ziel auf jeden Fall wieder „mehr Fotos, mehr Posts“. Ich werde auch wieder versuchen, jeden Tag ein Foto zu machen, und sie dann ein einer Galerie sammeln. So eine Art visuelles Tagebuch.
Niemals vergessen werde ich den 26. September. Ein Dienstag. Gemütliches Frühstück bei bester Laune. Vorbereitungen für den Kurzurlaub, den wir am 28. antreten wollten. Dann plötzlich höre ich meinen Mann schreien „Maus! KRANKENHAUS!!!!“ Er war beim Brennholz machen mit der Hand in die Säge geraten. (Und für alle, deren Kopfkino jetzt die Top 100 der besten Splatterszenen der letzten 10 Jahre ausspuckt – nein, ganz so schlimm war es nicht. Es ist noch alles dran.) Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, aber wir kamen tatsächlich zügig und unfallfrei im Krankenhaus Stadtsteinach an, wo er erstversorgt und dann ins Klinikum nach Kulmbach verlegt wurde. Dort wurde er noch am selben Tag operiert. Dank der guten Erstversorgung war die Wunde sauber und es gab keine Infektion, und dank der guten Arbeit der Ärzte in Kulmbach sind alle Finger noch intakt, auch wenn der Zeigefinger noch steif ist. Nach 12 Tagen im Krankenhaus konnten Phastos und ich ihn dann am 7. Oktober abholen. Natürlich hat Steve immer noch mit den Nachwirkungen zu kämpfen, inklusive Schmerzen, aber er ist tapfer, macht bereits Wiedereingliederung in der Firma und möchte unbedingt endlich das Wohnzimmer tapezieren. Das hatten wir nämlich für nach dem Kurzurlaub geplant. Aber jetzt kann es auch noch bis nächstes Jahr warten.
Niemals vergessen werde ich auch die große Liebe und Hilfsbereitschaft, die unsere Glaubensfamilie uns in den Tagen und Wochen nach Steves Unfall gezeigt hat. Ich kann gar nicht alles aufzählen, was unsere Brüder und Schwestern alles für uns getan haben, wie viele liebe Anrufe und Nachrichten wir bekommen haben. Ich hatte in der ganzen Zeit keine Minute lang das Gefühl, daß ich jetzt allein vor allem stehe. Für diese Liebe werde ich immer dankbar sein.
Am 8. Oktober – mein Mann war grad wieder einen Tag zuhause und wir hatten grad so eben angefangen zu glauben, daß wieder Normalität einkehrt – kam meine Mutter ins Krankenhaus. Bei der Suche nach der Ursache der Lungenembolie, mit der sie eingeliefert wurde, wurde dann der Krebs entdeckt. Weil meine Mutter zwar ein Glückskind ist, aber auch eins, bei dem das Glück immer etwas schief einfliegt, hatte sie das wirklich unfaßbare große Glück, daß der Krebs in einem so frühen Stadium entdeckt wurde, daß eine einzige OP reichte, und er noch nicht gestreut hatte, allerdings bildete sich bei der OP eine weitere Embolie, sodaß sie letztlich doch eine Woche auf der Intensivstation lag. Zur Sorge um sie kam dann die Sorge um Papa, der pflegebedürftig ist. Mein wunderbarer Bruder nahm sich kurzerhand Urlaub und kam, um sich um Papa zu kümmern, bis wir weitere Hilfe und einen Kurzzeitpflegeplatz organisieren konnten. Nun wartet Mutti noch auf ihre Reha, die sie hoffentlich Ende Januar endlich antreten kann, und wir wünschen uns alle, daß wir dann wieder normal leben können.
Letztens las ich bei Insta so einen schönen Spruch:
„Last year, I was strong. This year, I’ll be happy.“
– Unknown
Das habe ich mir als Motto für nächstes Jahr gemerkt. In diesem Jahr mußte ich auf eine Art stark sein, auf die ich gut hätte verzichten können. Nächstes Jahr möchte ich einfach fröhlich sein. Ich möchte auch wieder mehr werkeln und tüddeln. Dieses Jahr habe ich drei Kleider genäht (eine zweite Amelie ist vor zwei Wochen fertiggeworden, aber noch nicht fotografiert) und mehrere Paar Socken gestrickt, nächstes Jahr möchte ich noch mehr nähen und stricken und vor allem einfach wieder mal was ausprobieren ohne Erfolgsdruck. Schließlich ist es ja grad das Herumspielen und Ausprobieren, an dem man wächst, nicht nur an Erfahrung, sondern auch so mitten im Herzen.
Vorgenommen habe ich mir 24 Kleidungsstücke, wobei Socken ausdrücklich nicht mitgezählt werden, denn das wäre zu einfach. (Ausnahme wäre allenfalls, falls ich mich doch noch aufraffe, die „Call Them Cherry Blossoms“ – Socken zu stricken. Die sind kompliziert genug, um als Kleidungsstücke zu gelten.) Ganz oben auf meiner Liste steht ein Hut. Dann natürlich die üblichen Röcke und Kleider und Tops und Shirts, aber auch Blusen, eine Jacke und mindestens ein Body.
Mein Bullet Journal für nächstes Jahr wird etwas anders sein als in den Jahren zuvor, denn ich habe beschlossen, ich muß nicht mehr „produktiv“ sein. Natürlich werde ich wichtige Termine vormerken, natürlich werde ich zu erledigende Aufgaben aufschreiben, aber die künftig auf bunte Post-its, die ich dann auf die jeweiligen Tage klebe und später wegschmeiße. Am Ende des Jahres soll an jedem Tag eine Notiz stehen, z. B. ein gelesenes Buch, ein schönes Erlebnis, ein Zitat, das ich mir merken möchte, oder vielleicht auch eine kleine Zeichnung. Das Ziel ist, am Ende etwas zu haben, was zu behalten sich lohnt. Etwas, was mich auch später noch fröhlich macht, wenn ich zurückdenke und blättere und mich erinnere.
Und bevor ich jetzt sentimental werde, verlinke ich einfach zur Jahresrückblicke – Linksammlung bei Augensterns Welt